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Acht Monate bis zum Besamer
Service|09.01.2025

Acht Monate bis zum Besamer

Tierärztin Manuela Falk ist für die Ausbildung und die Kontrolle der Arbeitsqualität unserer Besamer und Besamerinnen verantwortlich.

Jutta Berger, wissenschaftliche Mitarbeiterin

Als der junge Mann die Stalltür öffnet und eintritt, begrüsst ihn ein freundliches «Guten Morgen, Komm nur rein». Auf dem Futtergang bei den Kühen steht Tierärztin Manuela Falk in Gummistiefeln, grünem Overall und mit Mütze auf dem Kopf. In der Hand hält sie ein blaues Schreibbrett, auf dem mehrere Blätter Papier eingeklemmt sind. Es ist kalt an diesem Novembertag und Nervosität liegt in der Luft: Die praktische Prüfung der neuen Besamer und Besamerinnen bei Swissgenetics wird abgenommen. Die Aufgabe ist, korrekt zu beurteilen, ob sich eine Kuh für eine Besamung eignet oder vielleicht auch nicht. Prüferin Manuela mimt dazu eine Betriebsleiterin, die wegen einer fraglichen Kuh anrief. Die Kandidaten müssen ein Tier durch geeignete Fragen und Untersuchungen beurteilen und danach eine plausible Empfehlung abgeben. Manuela vergleicht, ob die Untersuchungsergebnisse mit ihren übereinstimmen. Sind die Schlüsse, welche die Prüflinge ziehen, zulässig?

Die praktische Prüfung zum Abschluss der Besamerausbildung nimmt Manuela Falk im Kuhstall ab.

Beratung, Wissen und Auftreten

«Die richtige Beurteilung der Besamungstauglichkeit ist ein wichtiger Punkt in der Ausbildung unserer neuen Techniker und Technikerinnen», erklärt die Tierärztin, die bei Swissgenetics für die Qualitätssicherung im Besamungsdienst verantwortlich ist, «denn Besamen bedeutet in der täglichen Praxis weit mehr, als nur den Samen in die Kuh zu übertragen. Es geht ebenso um die Beratung unserer Kunden, um Kommunikation und ums professionelle Auftreten.» Deshalb umfasst die Abschlussprüfung auch die Kenntnisse in Zuchtfragen, Fütterung und Herdenmanagement.

Lernbereitschaft und Erfahrung mit Rindern

«Unsere Besamer und Besamerinnen sind Fachpersonen für die Fruchtbarkeit von Kühen. Das ist ein zentraler Teil ihres Berufsprofils», erklärt Manuela, «natürlich muss niemand, der sich für diese Ausbildung entschliesst, dieses komplexe Wissen von Haus aus mitbringen. Was es aber braucht, sind die Bereitschaft und der Fleiss, diese Dinge zu erlernen.» Manuelas Beobachtungen aus den letzten Jahren ist, dass es Personen mit einer landwirtschaftlichen Berufsausbildung oft leichter hätten, da ihnen viele Inhalte des Besamer-Lehrgangs schon vertraut seien. Grundsätzlich sei diese aber keine Voraussetzung. «Den Umgang mit Rindern sollte man allerdings schon gewohnt sein», betont sie lachend.

Die Rekrutierungsphase startet jetzt!

Insgesamt dauert es rund acht Monate vom Beginn des Rekrutierungsprozesses bis zum Ende des Ausbildungskurses. «Wir führen pro Jahr eine Ausbildung auf Deutsch und eine auf Französisch durch», sagt die Tierärztin, die die gesamte Organisation koordiniert. «Die Auswahl und Anstellung der neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erfolgt über die jeweiligen Regionalleiter. Zum Jahresbeginn fangen diese an, freie Stellen zu besetzen. Dabei bilden wir niemanden auf Vorrat aus, jede Ausbildung erfüllt den konkreten Bedarf.» Interessierte sollten sich deshalb direkt an den zuständigen Regionalleiter wenden: Philippe Gremaud (Region Romandie), Martin Wälti (Region Zollikofen) oder Bruno Käslin (Region Zentral- und Ostschweiz).

Teilnehmerinnen der Ausbildung lernen, indem sie die Ergebnisse ihrer Gruppenarbeit mit Manuela (links) diskutieren. 

Grundlagen und Horizonte

Nach dem Auswahlprozess startet im August ein zweiwöchiger Einführungskurs in Zollikofen. «Hier schaffen wir die Grundlagen für die weitere Ausbildung. Danach sind alle Azubis auf demselben Stand», erklärt Manuela. Anschliessend geht es für die eigentliche Besamungs-Ausbildung ins Ausland. «Die Deutschschweizer reisen an das IFN Schönow in die Nähe von Berlin und die Welschen nach Rambouillet bei Paris. Neben der Schulung in der Samenübertragung haben die Azubis die Gelegenheit, durch Ausflüge und Betriebsbesuche die Landwirtschaft der Nachbarländer kennenzulernen und so den persönlichen Horizont zu erweitern.

Interne Ausbildung in der Schweiz

Nach bestandener Prüfung zum oder zur Besamungsbeauftragten im Ausland beginnt die interne Ausbildung in der Schweiz. Die Azubis begleiten in dieser Phase erfahrene Kollegen auf deren Besamungstour und erlangen parallel fachspezifisches Theorie-Wissen, das sie für ihre Arbeit bei Swissgenetics benötigen. «Besamen ist anspruchsvoller, als es von aussen scheint», sagt Manuela, «für eine erfolgreiche Arbeit im Besamungsdienst sind fundiertes Grundwissen und Übung unerlässlich».

An den Weiterbildungstagen werden Manuelas anschauliche Erklärungen am Kuhmodell Nutrivache vom Besamungsdienst sehr geschätzt.

Innovative Lernmethoden

Für den Unterricht wird Manuela von anderen Mitgliedern des Teams Reproduktion sowie Mitarbeitenden aus anderen Unternehmensbereichen, etwa der Genetik, unterstützt. Moderne Lernmethoden spielen dabei eine zentrale Rolle: «Wir machen heute deutlich weniger Frontalunterricht als früher», stellt die Tierärztin fest, «stattdessen nutzen wir digitale Sequenzen, in denen unsere Wissensplattform die-fruchtbare-Kuh.ch zum Einsatz kommt, oder bieten eine begleitete Lernwerkstatt an, in der die Inhalte abwechslungsreich im Selbststudium vertieft werden. Diese innovativen Ansätze sind möglich, weil mehrere unserer Teammitglieder eine Weiterbildung in der Erwachsenenbildung und Didaktik absolviert haben.»

Schnellerer Wechsel, grössere Klassen

«Im vergangenen Herbst hatten wir mit 15 deutschsprachigen Azubis eine sehr grosse Klasse und gleichzeitig drei welsche Auszubildende zu betreuen», erinnert sich Manuela an anspruchsvolle Wochen. «Wir müssen in kurzer Zeit viel Wissen vermitteln und je mehr Azubis im Unterricht sitzen, umso herausfordernder ist er für uns.» Der Trend zu grossen Klassen habe sich in den letzten Jahren verstärkt, beobachtet die Tierärztin. Häufig bewerben sich junge Landwirte direkt nach der Lehre, blieben aber nur wenige Jahre im Besamungsdienst, bis sie den Betrieb zu Hause übernehmen. Der Besamer, der für 30 Jahre oder mehr bei Swissgenetics arbeitet, sei mittlerweile selten.

Ein wachendes Auge in der Qualitäts­sicherung

Die Ausbildung endet immer Ende November. Nach bestandener Prüfung dürfen die «Neuen» zum ersten Mal allein auf Tour. «Das ist jedes Mal ein Meilenstein», weiss Manuela Falk, «man arbeitet nun selbstverantwortlich und fühlt sich oftmals vielleicht auch irgendwo fernab vom Schuss». Dennoch behalten die Ausbildner ein wachsames Auge auf ihren Schützlingen. «Vor dem Ende ihrer Probezeit begleiten wir alle einmal auf einer Besamungstour und schauen, wie das Erlernte in der täglichen Praxis umgesetzt wird. Danach kontrolliere ich monatlich den Arbeitserfolg des gesamten Besamungsdienstes über die Non-Return­-Rate, die für jeden Besamer und jede Besamerin errechnet wird», erklärt die prozessverantwortliche Tierärztin. «Wenn diese sinkt, suche ich nach den Ursachen, führe Gespräche mit dem Mitarbeiter und seinem Gruppenchef oder lade den Betroffenen zu einer Nachschulung ein.» Trotz dezentraler Strukturen sei die Qualitätssicherung auf diese Weise sichergestellt, betont sie: «Unsere Kunden können auf eine hohe Arbeitsqualität ihrer Besamer vertrauen.»

Porträt

Dr. Manuela Falk

Tierärztin, wissenschaftliche Mitarbeiterin, Team Reproduktion «Unser fünfköpfiges Team kümmert sich vor allem um die Wissensvermittlung bei Swissgenetics. Dabei ist die wichtigste Aufgabe, den Besamungsdienst aus- und weiterzubilden. Zusätzlich führen wir Kurse für Landwirte, die selbst besamen wollen, oder für Tierärzte und Tierärztinnen durch und halten Unterricht für Landwirtschafts- oder Betriebsleiterschüler. Ausserdem schreiben wir Wissenswertes für den TORO und auch die Website die-fruchtbare-Kuh.ch ist von uns», sagt Manuela. Bei Swissgenetics: seit 2015

Berufliche Laufbahn

Studium der Tiermedizin, Dissertation bei der Agroscope, Posieux

Was mir an der Arbeit gefällt

Sie bietet Abwechslung und Kontakt mit vielen Menschen. Unterrichten macht mir Spass.

Herausforderungen in der Tätigkeit

Der Herbst ist die härteste Jahreszeit. Dann ballen sich jedes Jahr die BT-Ausbildung und viele andere Kurse. Oft führt das zu verschiedenen zeitlichen Kollisionen und wir müssen die Termine im Team jonglieren, damit wir allem gerecht werden.

Swissgenetics sucht jedes Jahr engagierte Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die den Besamungsdienst verstärken möchten. Mehr zu den Voraussetzungen sowie die Kontaktdaten unserer Regionalleiter.